Zurück nach Hause

Einige von uns haben vielleicht eine genaue Vorstellung, wohin sie «gehen» oder wie sie im grossen Ganzen eingebettet sein werden, wenn sie mal sterben. Aber nicht nur die Vorstellungen, Wünsche und Werte der verstorbenen Person prägen eine Abschiedsfeier. Die Vorstellungen, Wünsche und Werte der Hinterbliebenen erachte ich als genauso wichtig. Die, die zurück bleiben sind es schliesslich, die den Verlust verarbeiten, wieder Tritt finden und sich im Leben, ohne den Verstorbenen, einrichten müssen.

Für einige ist es wichtig, dass es ein Grab auf dem Friedhof gibt. So weiss man immer, wo die Verstorbene liegt und kann dort hingehen. Auch wenn man selber nicht an der Beerdigung teilgenommen hat, kann man einen Verstorbenen zu einem späteren Zeitpunkt noch finden und ihn «besuchen». Anderen gefällt die Idee eines Baum-Grabes besser. Eine wachsende Zahl von Gemeinden bieten sogenannte Waldfriedhöfe an. Dort kann ein Baum ausgesucht werden, bei dem die Asche im Bodenbereich beigesetzt wird. Vielen Leuten gefällt die Vorstellung, zurück zur Natur zu gehen und doch eine Art vereinbarten Ort zu haben, zu dem die Hinterbliebenen zurückkehren können. Die Idee, dass wir am Lebensende ins grosse Ganze, in die Natur, zurück gehen – was ja faktisch biologisch auch so passiert – gefällt einer Vielzahl von Menschen. Sei es in Form eines Baum-Grabes oder durch das Verstreut-Werden in der freien Natur. Vieles ist in der Schweiz möglich und erlaubt. Aus meiner Erfahrung wünschen sich immer mehr Leute, dass die Asche dem Wasser übergeben wird. In ein Fliessgewässer, Bach oder Fluss, der in einem (geografischen) Bezug zur Toten steht oder symbolisch für die Integration im grossen Ganzen, das Weiterfliessen nach Hause gedeutet werden kann. Und so durfte ich schon mehrmals Personen sehr würdig und stimmig verabschieden, die mit dem Wasser sinnbildlich wieder nach Hause «gegangen» sind. Für Menschen, die ihre erste Heimat in einem anderen Land haben, kann es auch ein wortwörtliches nach Hause gehen sein – vom Fluss ins Meer, zurück bis in ihre ursprüngliche Heimat.

Wunderschön passende Zeilen dazu gibt es von Anne Steinwart, sie lauten:

Vielleicht ist es kein Weggehen,
sondern ein Zurückgehen?
Sind wir nicht unterwegs
mit ungenauem Ziel und
unbekannter Ankunftszeit,
mit Heimweh im Gepäck?
Wohin denn sollten wir gehen
wenn nicht zurück nach Hause?

Ich bin dankbar über die verschiedenen möglichen Formen des Abschied-Nehmens. Sowohl für die Verstorbenen als auch für die Hinterbliebenen. Die gewählte Form muss insbesondere für diese Menschen stimmig und würdig sein.