Ist das Zähneputzen am Abend ein Ritual oder eine Routine-Handlung? Was unterscheidet das eine vom anderen?
Eine rituelle Handlung unterscheidet sich von einer Routine-Handlung vor allem durch das Bewusstsein. Wenn ich also morgens dusche, mir dabei vielleicht schon mal eine Art Checkliste für den Tag durch den Kopf gehen lasse oder aber auch einfach den wärmenden Wasserstrahl geniesse (wie in meinem Fall), ist Duschen eine Routine-Sache. Wenn ich nun aber ganz bewusst in die Dusche steige, die nächtliche Ruhephase beende, indem ich diese bewusst mit dem Wasser von mir abwasche und später das Wasser als gewünschte Energiequelle über meinen Körper strömen lasse um mich auf den bevorstehenden Tag oder auf die Rolle (der Berufsfrau, Mutter, etc.) einzustimmen, dann wäre es eher eine rituelle Handlung.
Ob Routine oder Ritual – beides hat seine Qualität. Für mich muss nicht alles eine rituelle Aktion sein. Ganz und gar nicht. Und wer das Gefühl hat, mein Sohn erlebe eine Kindheit vollbepackt mit Ritualen, liegt falsch. Ich bin dafür, dass man den Alltag möglichst entspannt, locker und natürlich angehen kann. Krampfhaft etwas erfinden erachte ich als unnötig. Schön, wenn man sich möglichst unabhängig und frei bewegen kann. Für mich gibt es jedoch immer wieder wundervolle und/oder wichtige Gelegenheiten, die mit einem Ritual noch bewusster und feierlicher gestaltet werden können. Aus meiner Sicht ist es sehr wertvoll, bedeutende Momente, sehr bewusst zu erleben und sich so auch immer wieder Zeit zu nehmen für seine Sinne, seine Seele, sein Herz.
Ein Ritual kann ein wichtiger Orientierungspunkt sein. Es kann Struktur geben – eine Tagesstruktur, aber auch eine Jahresstruktur oder Struktur im ganzen Leben. Jeder Mensch kann seine für ihn passenden Rituale finden.